Austausch, Kooperation und Vernetzung werden für das ehrenamtliche Engagement besonders wichtig.Foto: Andreas Schuppert
Auf sie ist die Caritas dringend angewiesen. Auf Frauen und Männer, die das wertvollste, was sie haben, verschenken: ihre Zeit. Um anderen zu helfen, alte und kranke Menschen zu besuchen, Fahrdienste zu leisten oder für Schwerstkranke und Sterbende da zu sein. Doch auch Freiwillige werden immer weniger - dabei ist Deutschland das Land der Ehrenamtlichen. Über 30 Prozent der Bevölkerung engagiert sich.
Ein Werkstatttag Ehrenamt, den der Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen am 4. März veranstaltete, hat nun Ausschau nach neuen Möglichkeiten des freiwilligen Engagements gehalten. "Die Zeit des klassischen Ehrenamtes, in dem sich Menschen für viele Jahre an einen bestimmten Dienst gebunden haben, ist ganz sicher vorbei", erläutert Mechthild Gatter, Abteilungsleiterin Fachberatung und Sozialpolitik im Diözesancaritasverband, die das Treffen zusammen mit Dr. Johanna Rautenberg organisiert hat. "Vor allem junge Leute engagieren sich intensiv, aber zeitlich begrenzt. Das haben wir besonders in der Flüchtlingskrise 2015 gesehen."
Viele Möglichkeiten des Engagements
Dass dies nicht unbedingt von Nachteil sein muss, zeigt Stefanie Sonntag, die das Pilotprojekt zur Neuausrichtung ehrenamtlichen Engagements der Dresdner Pfarrei Selige Märtyrer vom Münchener Platz und des Caritasverbandes Dresden vorstellt. Dabei gehe es zunächst darum, Orte des ehrenamtlichen Engagements zu finden und bekannt zu machen: in der Schuldnerberatung zum Beispiel, der Notfallseelsorge, in Dolmetscherdiensten für Menschen mit Migrationshintergrund oder in der Telefonberatung für suizidgefährdete Jugendliche durch Gleichaltrige. "Wichtig ist es herauszufinden, was Ehrenamtliche brauchen, was wichtig ist und eventuell korrigiert werden muss", sagt Stefanie Sonntag. Spannend: Demnächst soll ein Wiki entstehen, auf dem sich Interessierte informieren, austauschen und vernetzen können.
Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit und Kooperation sind für das Ehrenamt besonders wichtig. Das bestätigt auch Manja Döcke vom Caritasverband Oberlausitz, die das Projekt "Nachbarschaftshilfe", an dem ihr Verband beteiligt ist, vorstellt. Was mit einer Anfrage der Pflegekoordinatorin des Landkreises angefangen hat, ist heute eine "anerkannte Form der Unterstützung im Alltag, insbesondere für ältere Menschen, und eine wichtige Form bürgerschaftlichen Engagements". Das gewährt Teilhabe und beugt der Einsamkeit vor.
Neue Wege der Finanzierung finden
Ein Anliegen, das auch das Projekt "Lachfalten Zwickau" hat. Einsam werde der Mensch, wenn er gesundheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann oder alt wird. "Vereinsamung geht schnell", weiß Daniela Hänel vom Caritasverband Zwickau. Entscheidend sei, dass "Menschen Menschen helfen". Die "Lachfalten" tun das auf verschiedene Weise: durch Veranstaltungen, Briefe gegen die Einsamkeit, den "Treffpunkt Freundschaften" oder "Plauderbänke", die in der Stadt aufgestellt werden und zum Hinsetzen und Reden einladen. Doris Walther vom Caritasverband Meißen stellt die Betreuungs- und Entlastungsdienste ihres Verbandes vor, die es schon seit 15 Jahren gibt und ganz ähnlich wie die Nachbarschaftshilfe von Ehrenamtlichen getragen werden.
Außer Frage steht, dass das alles Geld kostet, auch wenn Vieles noch refinanziert werden kann. Tino Kreßner, Mitbegründer des Startup "Startnext", informiert die Teilnehmer am Ende über Möglichkeiten des Spendens. Geld sammeln, verrät Keßner, könne man auch mit kleinem Aufwand. Gerade für den Bereich des Ehrenamtes nehme diese Form der Mittelbeschaffung zu, da immer weniger staatliche Fördergelder zu Verfügung stehen. Auch hier sei Kreativität gefragt.
Deutlich wird: Das Ehrenamt formiert sich auch im sozialen Bereich neu. Auffällig bei diesem Treffen ist, dass die Projekte, die sich vorstellen, überwiegend in der Seniorenhilfe angesiedelt sind. Was für Mechthild Gatter aber kein Wunder ist. "Auch in Sachsen wird die Bevölkerung immer älter. Es wird in Zukunft nicht nur um gute Pflege gehen, sondern auch um eine gute Betreuung durch Menschen, die sich freiwillig engagieren. Zeit, die die Pflege nicht mehr haben wird."