Foto: Andreas Schuppert
"Viele Menschen in Sachsen haben Schulden", stellt Michael Richter, Vorsitzender der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Sachsen, fest. "Das ist grundsätzlich kein Problem, wenn man die Verbindlichkeiten im festgelegten Rahmen bedienen kann. Krankheit, Arbeitsplatzverlust, zerbrochene Beziehungen sind jedoch nur einige Gründe, die dies gefährden können. Es kann also alle treffen. Dann sind die Schuldnerberatungsstellen oft der rettende Anker." Mit ihrer bundesweiten Aktionswoche möchten die Schuldnerberatungsstellen deshalb auf das Problem der Überschuldung hinweisen und gleichzeitig auf ihr Hilfsangebot aufmerksam machen.
"Nicht selten zögern Menschen in Überschuldungssituationen, sich Hilfe zu holen. Die Scham über die eigene Situation ist oft sehr groß und in der Öffentlichkeit herrscht noch immer das Vorurteil, dass man selber schuld daran sei, wenn man seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann. Das ist jedoch nur in wenigen Fällen so. In der Regel sind es Schicksalsschläge und die Überforderung in einer außergewöhnlichen Lebenslage, die Verschuldung begünstigen. Der schnelle Gang zur Schuldnerberatung ist daher immer der richtige Schritt", betont Michael Richter.
Sachsenweit betreiben die Wohlfahrtsverbände insgesamt 66 Schuldnerberatungsstellen, die 2020 rund 22.700 Menschen beraten haben. Laut Creditreform sind derzeit jedoch über 390.000 Personen in Sachsen überschuldet. Die sächsischen Wohlfahrtsverbände sprechen sich daher für die Stärkung der Schuldnerberatungsangebote aus.
Thomas Neumann (Pressesprecher Paritätischer Sachsen, Liga-Sprecher)
Tel.: 0351/ 828 71 122
E-Mail: thomas.neumann@parisax.de
Wege aus der Schuldenfalle sind möglich - ein Beispiel aus dem Caritasverband Dresden
Frau K. ist eine lebenslustige Frau. Sie ist 37 Jahre alt, hat zwei Töchter, die eine in der Pubertät, die andere gerade in der Grundschule. Mit diesen lebt sie seit kurzem wieder in einer eigenen Wohnung in Dresden. "Nach der Trennung von meinem Partner brach erst einmal Panik aus", berichtet Frau K." Von heute auf morgen standen wir quasi auf der Straße. Freunde halfen und boten uns vorübergehend Unterschlupf", beschreibt Frau K. die Situation. Eine neue Wohnung zu finden war nicht einfach. Denn, obwohl Frau K. berufstätig ist und Einkommen hat, stellte sich ihre finanzielle Situation als sehr schwierig dar.
Im Laufe von fast zwanzig Jahren hatte sich ein großer Berg Schulden angehäuft. "Es müssten so um die zwanzigtausend Euro gewesen sein", sagt Frau K. "Irgendwann habe ich den Überblick verloren und die Briefe einfach nicht mehr aufgemacht", schildert sie die Situation - ein typisches Verhalten, wenn Menschen die Schulden buchstäblich über den Kopf wachsen. Fast 30 Gläubigern schuldet Frau K. Geld. Irgendwann war das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange erreicht. Nichts ging mehr finanziell. Das war der Moment, an dem sich Frau K. Hilfe geholt hat.
"Zunächst bin ich zur RASOP, der Radebeuler Sozialprojekte GmbH, gegangen. Die haben mir dann die Schuldnerberatung der Caritas empfohlen. Vom ersten Kontakt an, der war im März dieses Jahr, habe ich mich hier sehr gut aufgehoben gefühlt." Magdalena Neumann ist die Beraterin des Caritasverbandes für Dresden e.V., die Frau K. begleitet. "Neben unserer fachlichen Arbeit sehen wir es als grundlegend an, dass sich die Menschen, die zu uns kommen, angenommen und gewertschätzt fühlen", beschreibt Neumann die Philosophie der Beratung des Caritasverbandes für Dresden. Das kommt gut an, denn Frau K. macht keinen Hehl aus ihrer Begeisterung. "Ich war erst bei einer anderen Beratung. Das war sehr kühl. Dort habe ich mich nicht wohl gefühlt. Hier bekomme ich fachliche Hilfe für Behörden und gleichzeitig ganz viel menschliche Unterstützung. Das tut sehr gut."
Heute, nach drei Monaten, ist Frau K. auf einem guten Weg. Die Schulden sind im Griff. Nächster Schritt soll die Anmeldung der Privatinsolvenz sein. Drei Jahre, dann wäre Frau K. schuldenfrei. Das ist eine kurze Zeit gegenüber den fast zwanzig Jahren Leben mit Schulden. Die nötigen Formalien bewältigen Frau K. und Frau Neumann derzeit gemeinsam.
Caritasverband Dresden