Mehr als jede zwölfte erwerbstätige Person in Sachsen ist in Erziehung, Sozialarbeit oder Pflege tätig.Foto: Pedro Citoler
Für die Studie wurden Interviews mit Fachleuten der sächsischen Wohlfahrtsverbände geführt, an denen auch Vertreter der Caritas beteiligt waren. Untersucht wurden Bevölkerungs- und Bedarfsentwicklung, Arbeitsmarktpotenziale in Sachsen sowie Berufsgruppen der Sozialwirtschaft. Detailanalysen beziehen sich auf Kinderbetreuung, Sozialarbeit, Heilerziehungspflege, Haus- und Familienpflege, Sozial- Erziehungs- und Suchtberatung sowie Alten-, Gesundheits- und Krankenpflege.
Alternde Bevölkerung stellt Sozialwirtschaft vor größte Herausforderungen
Große Herausforderungen sieht die Studie in der Alten- sowie in der Gesundheits- und Krankenpflege. Hier sei der demografische Wandel der entscheidende Treiber. Mit einer alternden Bevölkerung steige die Zahl der Kranken und Pflegebedürftigen deutlich an. "Gleichzeitig belasten die hohen körperlichen und psychischen Anforderungen die Berufsgruppe stark und erschweren die Bindung und Gewinnung von Personal. Der heutige Engpass in der Altenpflege von etwa 1.150 Beschäftigten in Sachsen wird sich bis 2035 auf rund 2.800 Beschäftigte verdoppeln", heißt es in der Untersuchung. Noch dramatischer ist die Situation in der Gesundheits- und Krankenpflege, wo heute schon rund 3.200 Beschäftigte fehlen und der Bedarf bis 2035 auf fast 5.900 anwachsen wird.
Angesichts der größten Engpässe brauche es in der Pflege nicht nur mehr Personal, sondern auch innovative Modelle. Präventionsorientierung, selbstorganisierte Strukturen und die Verbindung von professionellem Personal mit bürgerschaftlichem Engagement und sozialen Innovationen könnten den Sektor langfristig stabilisieren. Die Studie warnt jedoch vor einer "Deprofessionalisierung" der Branche, wenn sich immer mehr Träger auf "Helferberufe" konzentrieren, um den Fachkräftemangel abzufedern.
Sozialwirtschaft braucht auskömmliche Finanzierung
Gemeinnützige Träger, so die Untersuchung weiter, benötigten außerdem verlässliche Mittel, um langfristig Personal zu binden, Rücklagen zu bilden und Investitionen zu tätigen. Dazu gehören langfristige Finanzierungsperspektiven in allen Bereichen der sozialen Arbeit, zweckgebundene Rücklagen und die Entfristung von Stellen als Grundlage für nachhaltige Planung. Nötig seien zudem eine demografiegerechte Aus- und Weiterbildung, der Abbau der Bürokratie und die stärkere Nutzung der Digitalisierung sowie eine Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität.
Insgesamt bescheinigt die Studie der sächsischen Sozialwirtschaft ein hohes Beschäftigungspotenzial. Mehr als jede zwölfte erwerbstätige Person sei in Erziehung, Sozialarbeit oder Pflege tätig. Damit stehe die Branche nicht am Rand, sondern im Zentrum der Gesellschaft und sichere Teilhabe, Zusammenhalt und Lebensqualität. "Ihre Beschäftigten leisten nicht nur einen unmittelbaren Beitrag für das Wohl einzelner Menschen, sondern tragen auch wesentlich zur Stabilität der Gesellschaft und zur Funktionsfähigkeit des politischen Systems bei", fasst die Studie zusammen. (as)
Die vollständige Studie:
Bestandsaufnahme des Fachkräfteangebots und -bedarfs in der Sozialwirtschaft im Freistaat Sachsen, Status-Quo-Analyse und Prognose für die nächsten 10 Jahre